Inhalt
Kleve 1242 - 2017 Teil II
775 Jahre Klever Stadtgeschichte im Überblick
Mittelalter
Die mittelalterliche Stadt Kleve wuchs aus drei Teilen zusammen: der Burg mit einer dazugehörigen Burgsiedlung (aus dem 11. Jahrhundert), einer Neustadt, die der Graf von Kleve 1242 auf dem benachbarten Heideberg gründete und einer Stadterweiterung des 14. Jahrhunderts, dem späteren Hagschen Viertel. Das Leben in der Stadt wurde von der Schwanenburg und der dortigen Hofhaltung geprägt, vor allem seit Kleve im 14. Jahrhundert zur landesherrlichen Residenz geworden war. Ein sichtbares Zeichen dafür war die Verlegung eines gräflichen Stiftes von Monterberg bei Kalkar als Residenzstift nach Kleve im Jahr 1341. Mit dem Ansehen des Stadtherrn wuchs auch der Ruf der Stadt. Nachdem die Grafschaft Kleve 1368 durch Erbfall an die Grafen von der Mark gekommen war, regierte Graf Adolf von Kleve ab 1398 über beide Grafschaften gemeinsam.
Er heiratete 1406 Maria, Tochter des Herzogs von Burgund, und wurde selbst 1417 gemeinsam mit der Grafschaft Kleve in den Herzogsstand erhoben. Durch die 1510 vollzogene Heirat des künftigen Herzogs Johann III. mit Maria von Jülich entstand ab 1521 eine feste Verbindung zwischen Kleve und Mark mit der Herrschaft Ravenstein einerseits und Jülich, Berg und Ravensberg anderseits. Herzog Wilhelm 'der Reiche' war außerdem einige Jahre Herzog von Geldern und ihm gelang 1540 die erzogHhVermählung seiner Schwester Anna von Kleve mit dem englischen König Heinrich VIII.
Das 17. Jahrhundert
Nachdem 1609 Herzog Johann Wilhelm kinderlos verstorben war, brach ein Erbfolgestreit aus, in dessen Folge die große Erbmasse zerschlagen wurde. Kleve, Mark und Ravensberg fielen an den Kurfürsten von Brandenburg und die Stadt Kleve wurde dritte Hauptstadt Brandenburg-Preußens. Friedrich Wilhelm, der 'Große Kurfürst', ernannte 1647 den Grafen Johann Moritz von Nassau-Siegen zu seinem Statthalter in Kleve. Dieser frühere Gouverneur einer niederländischen Kolonie in Brasilien und Bauherr des Mauritshuis in Den Haag, der 1652 in den Fürstenstand erhoben worden ist, gestaltete Kleve grundlegend um. Er sprengte die Grenzen der mittelalterlichen Stadt und schuf hier in neuartiger Weise eine weiträumige Residenzlandschaft mit großen Alleen und Parkanlagen, die bald einen internationalen Ruf hatten und fremde Besucher anzogen. Seine Klever Anlagen zählen heute zum Europäischen Gartennetzwerk.
18. – 20. Jahrhundert
Kleve blieb im 18. und frühen 19. Jahrhundert Regierungssitz. Es war Beamtenstadt, verlor aber unter Friedrich dem Großen seine Bedeutung als königliche Residenz. Dafür entwickelte die alte Herzogstadt sich nach der Entdeckung einer Mineralquelle am Springenberg (1741) zum Kurort. Stattlicher Zeuge dieser Zeit ist das Kurhaus aus dem 19. Jahrhundert, dessen ältester Teil nach dem damaligen preußischen König und Förderer den Namen Friedrich-Wilhelm-Bad erhielt. Der Erste Weltkrieg setzte dem Klever Kurbetrieb ein Ende. Inzwischen hatte im späten 19. Jahrhundert die Industrialisierung eingesetzt.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Kleve insbesondere bei zwei schweren Luftangriffen am 7. Oktober 1944 und am 7. Februar 1945 stark beschädigt. Die Stadt war Anfang 1945 so gut wie entvölkert, die Bürger kehrten erst im Laufe des Frühlings zurück. Der Wiederaufbau der Stadt verlief zunächst zögerlich, ab 1948 in hohem Tempo. Dank einer Bürgerinitiative konnte das Richtfest für das Wahrzeichen der Stadt Kleve, den Schwanenturm, bereits 1950 begangen werden. Die erste Phase des Wiederaufbaus wurde 1957 mit der Einweihung eines neuen Rathauses abgeschlosssen. Die in dem gleichen Jahr eingeweihte wiederhergestellte Stiftskirche sollte ihre Türme allerdings erst 1968 wiedererhalten und vereinzelte Kriegsspuren sind bis heute in der Stadt sichtbar.
Ab den 1950er Jahren stand auch wieder Geld für Kultur zur Verfügung. So wurde der 1847/48 erbaute Stadtpalast des niederländischen Landschaftsmalers B.C. Koekkoek als städtisches Museum eingerichtet. 1958 fand hier die erste Ausstellung statt. Heute wird das Museum B.C. Koekkoek-Haus von einer Stiftung getragen. Das im ehemaligen Kurhaus untergebrachte Museum Kurhaus Kleve öffnete 1997 seine Türe als neues städtisches Museum und errang in wenigen Jahren einen großen Ruf. Hier konnte auch an authentischer Stelle im früheren Friedrich-Wilhelm-Bad das ehemalige Atelier des aus Kleve stammenden weltberühmten Künstlers Joseph Beuys eingerichtet werden.
Das 21. Jahrhundert
Kleve ist Sitz einer Kreisverwaltung sowie eines Land- und eines Amtsgerichts. Seit einer großen Kommunalreform im Jahre 1969 ist das Stadtgebiet 97,79 km² groß. Es reicht von der Rheinbrücke bei Emmerich bis zur niederländischen Grenze bei Millingen. Der südlichste Ortsteil ist Reichswalde, das 1950 als Rodungssiedlung im Reichswald entstanden ist. Die Stadt zählt zur Zeit etwa 50.000 Einwohnern.
Wirtschaflich hat sich im vergangenen halben Jahrhundert ein großer Strukturwandel vollzogen. Zur Zeit der Industrialisierung ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert hatten insbesondere die Nahrungsmittel- und Lederindustrie mit bekannten Marken wie 'Bensdorp', 'XOX', 'Sana', 'Blauband', 'elefanten' und 'Storch' die Stadt blühen lassen. An die Stelle der Großindustrie ist ab den 1970er Jahren das mittelständische Gewerbe getreten. Heute treten vor allem die Bereiche Stahl- und Leichtmetallbau, Logistik und Fahrzeugbau hervor, mit Unternehmen wie Spectro, Ipsen, Cardinal Health und MSK Verpackungssysteme. Die ehemaligen Industrieanlagen werden heute teilweise als Einkaufszentren genutzt, wie im Falle des 'eoc' auf dem Gelände Hoffmann/elefanten-Schuhfabrik. In der Innenstadt befinden sich u.a. ein 'Kaufhof' und das Einkaufszentrum 'Neue Mitte'. Im Europa der offenen Grenzen floriert Kleve als Einkaufszentrum. Im Dienstleistungsbereich ist seit Jahren eine steigende Tendenz zu erkennen. Neben den Banken und den Versicherungen sind hier u.a. die Serviceleister zu nennen. An Bedeutung gewonnen hat auch der Tourismus, wobei Kleve nach wie vor von den historischen Parks und Gartenanlagen profitiert.
Eine gewisse Bedeutung als Schulzentrum hat Kleve ab dem 17. Jahrhundert gehabt. Damals zog das reformierte Gymnasium auch auswärtige Schüler an. Ab 1868 erfüllte die höhere Landwirtschaftsschule eine vergleichbare Rolle, heute macht das vor allem die 2009 gegründete Hochschule Rhein-Waal. Kulturell genießt insbesondere das Museum Kurhaus Kleve einen internationalen Ruf, aber auch B.C. Koekkoek-Haus und die große freie Kulturszene wirken grenzüberschreitend und sind von überlokaler Bedeutung.
Chronik
11. Jahrhundert
Die Burg Kleve und eine dazugehörige Siedlung auf dem Kirchberg entstehen.
1092
Erste Erwähnung des Grafen von Cleve und somit des Ortsnamens Kleve
12. Jahrhundert
Kleve ist ein Zentrum höfischer Kultur maasländischer Prägung. Hier soll um 1174 der Dichter Heinrich van Veldeke gewirkt haben.
25. April 1242
Graf Dietrich VI. von Kleve verleiht den Einwohnern von Kleve Stadtrechte.
1341
Graf Dietrich IX. verlegt das Stift von Monterberg nach Kleve und erweitert die Stadt.
Frühsommer 1368
Stadtbrand
19. November 1368
Tod des Grafen Johann. Kleve kommt über die weibliche Linie an die Grafen von der Mark.
1398
Graf Adolf vereint die beiden Grafschaften Kleve und Mark.
um 1400
Die Stadt Kleve legt den Spoykanal als Wasserverbindung zum Rhein an.
28. April 1417
Graf Adolf und die Grafschaft Kleve werden in den Herzogsstand erhoben.
1439-1448
Der alte Hauptturm der Burg stürzt ein und wird durch den jetzigen Schwanenturm ersetzt.
1521
Vereinigung der Länder Kleve, Mark und Ravenstein mit Jülich, Berg und Ravensberg zu einer Erbmasse
16. April 1528
Stadtbrand
1586
Martin Schenk von Nideggen baut eine niederländische Festung an der damaligen Gabelung von Rhein und Waal: die Schenkenschanz.
25. März 1609
Der kinderlose Tod Herzog Johann Wilhelms löst den Klevischen Erbfolgestreit aus.
12. Nov. 1614
Vertrag von Xanten: Der Kurfürst von Brandenburg erhält die 'provisorische' Verwaltung des Herzogtums Kleve.
1635/36
Die Rückeroberung der von den Spaniern eingenommenen Festung Schenkenschanz durch niederländische Truppen zieht die Stadt Kleve und ihr Umland stark in Mitleidenschaft.
1647-1679
Johann Moritz von Nassau-Siegen ist Statthalter des Kurfürsten von Brandenburg in Kleve.
1650-1653
Anlage des Alten Parks südöstlich der Stadt mit Sternbusch und Nassauerallee.
ab 1653
Anlage des Neuen Tiergartens nordwestlich der Stadt mit Amphitheater, Sternberg und Moritzkanal.
1663/64
Umgestaltung der Schwanenburg im barocken Stil.
1664-1671
Johann Moritz legt den Moritzpark als Lustgarten seines neuen Stadtpalastes 'Prinzenhof' an.
1666
Die Stände von Kleve und Mark huldigen dem Kurfürsten von Brandenburg als ihrem Landesherrn.
1672/73, 1679
Französische Besatzung Kleves
1678
Anlage des Moritzgrabs am Papenberg zu Bergendal
1713/14
König Friedrich Wilhelm I. von Preußen setzt die freie Magistratswahl aus und verstaatlicht die städtischen Akzisen.
1741
Der Arzt Johann Heinrich Schütte entdeckt eine eisenhaltige Heilquelle am Springenberg.
1753
Kleve wird Kreisstadt und Sitz eines Landgerichts.
1757-1763
Kleve wird im Siebenjährigen Krieg von französischen Truppen besetzt und von einer österreichischen Kommission verwaltet.
1782-1793
Julius Ernst von Buggenhagen, Präsident der Kriegs- und Domänenkammer, legt den Forstgarten an.
1793/94
Der Freiherr vom Stein verbleibt als neuer Kammerpräsident in Kleve.
19. Oktober 1794
Französische revolutionäre Truppen ziehen in Kleve ein.
1798
Einführung der französischen Munizipalverwaltung. Kleve wird Hauptort eines Arrondissements und später Sitz eines Unterpräfekten.
9. März 1801
Einverleibung Kleves mit dem restlichen Niederrhein durch Frankreich
13. Januar 1809
Johanna Sebus ertrinkt bei einem Rettungsversuch im Hochwasser in der Nähe der Spoyschleuse. An ihren heldenhaften Tod erinnert u.a. eine Ballade von Goethe.
5 Januar 1814
Ende der französischen Besatzung
15. April 1815
Preußen ergreift wieder offiziell Besitz von Kleve.
1816
Einrichtung eines Regierungsbezirks und eines Oberlandesgerichts Kleve
1820
Verlegung des Oberlandesgerichts nach Hamm
1821
Der Regierungsbezirk Kleve geht in dem Regierungsbezirk Düsseldorf auf.
1822-1830
Umgestaltung des Neuen Tiergartens und des Forstgartens nach Plänen des königlichen Hofgärtners Maximilian Friedrich Weyhe aus Düsseldorf
1846
Eröffnung des Friedrich-Wilhelm-Bads beim Heilwasserbrunnen am Amphitheater, 1872 um das Kurhotel und eine Wandergalerie erweitert
1863/64
Kleve erhält einen Bahnhof und Eisenbahnanschluss.
1864
Bau einer Kaserne nach Zuweisung einer eigenen Garnison
1888
Mit der Gründung der Margarinewerke der Firmen van den Bergh und Wahnschaffe beginnt die Ära der Großindustrie im Wirtschaftsraum Kleve.
1902
Bau einer neuen Kaserne an der Brabanterstraße
15. Dezember 1918 – 31. Januar 1926
Belgische Besatzung Kleves nach dem Ersten Weltkrieg
19. Mai 1933
Nationalsozialistische Machtübernahme in Kleve: ein NSDAP-Bürgermeister tritt kommissarisch die Nachfolge seines suspendierten Vorgängers an. Es beginnt eine Zeit des Terrors und der Verfolgung und Ermordung von vor allem politischen Gegnern und Juden.
September 1944
Die alliierte Operation 'Market Garden' lässt die Kriegsfront im Zweiten Weltkrieg dicht an Kleve heranrücken. In der Stadt fallen Fliegerbomben.
7. Oktober 1944
Ein großer alliierter Luftangriff auf Kleve zerstört die Innenstadt großenteils und fordert hunderte Todesopfer.
7. Februar 1945
Die alliierte Operation 'Veritable' wird mit einem weiteren großen Luftangriff auf Kleve eingeleitet, der vor allem die Oberstadt trifft.
15. September 1946
Erste demokratische Gemeindewahl nach der Befreiung von der Nazi-Diktatur.
7. Juni 1948
Bei einer Kabinettssitzung in Kleve wird die Errichtung des Grenzlandfonds beschlossen. Die Zukunft Kleves als deutsche Stadt und der Wiederaufbau sind gesichert.
1. Oktober 1950
Richtfest des wiederaufgebauten Schwanenturms
23. Mai 1957
Die Einweihung des neuen Rathauses im ehemaligen St.-Antonius-Hospital beschließt die erste Phase des Wiederaufbaus.
1. Juli 1969
Durch eine große Kommunalreform erweitert sich das Stadtgebiet von Kleve von 7,15 auf über 97 km².
18. April 1997
Das Museum Kurhaus Kleve wird eröffnet.
12. Mai 2009
Gründung der Hochschule Rhein-Waal mit Campus im Klever Hafengebiet
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