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Coronavirus - Allgemeinverfügung der Stadt Kleve vom 17.03.2020 zur Festlegung von Besuchseinschränkungen und weiteren Maßnahmen für stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe

Datum der Meldung: 17.03.2020

AktuellesAllgemeinverfügung der Stadt Kleve vom 17.03.2020 zur Festlegung von Besuchseinschränkungen und weiteren Maßnahmen für stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe aufgrund SARS-CoV-2 zur Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) 

Gemäß §§ 16 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) wird zur Verhütung der Weiterverbreitung von SARS-CoV-2 Virus-Infektionen folgende Allgemeinverfügung angeordnet:

 

1. Besuche in den vorgenannten Einrichtungen sind ab sofort bis aus Weiteres auf das Notwendigste zu beschränken. Zugelassen ist ein registrierter Besucher je Bewohner je Tag. Die Besuche sollen max. eine Stunde dauern. Jeder Besucher ist hinsichtlich der Hygienevorgaben zu unterweisen.

2. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind von der Einrichtung über persönliche Schutzmaßnahmen zu unterweisen und haben diese einzuhalten.

3. Besuche haben nur noch auf dem Zimmer stattzufinden, nicht mehr in Gemeinschaftsräumen.

4. Die Allgemeinverfügung gilt unbefristet.

Sie erlischt, sobald eine gleichgerichtete Rechtsverordnung gem. § 32 IfSG durch das fachlich zuständige Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen erlassen wird oder durch Aufhebung der zuständigen Behörde.

5. Gemäß § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG, hat eine Anfechtungsklage gegen die vorgenannten Maßnahmen keine aufschiebende Wirkung. Dies bedeutet, dass Sie die Anordnungen unter den Ziffern 1 auch dann befolgen oder dulden müssen, wenn Sie gegen diese Allgemeinverfügung klagen.

6. Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land NRW (VwVfG NRW) einen Tag nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben.

7. Auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen diese Anordnungen wird hingewiesen (§ 75 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 IfSG).

Begründung:

Zu 1 – 3.:

Werden gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) u.a. Kranke, Krankheitsverdächtige oder Ansteckungsverdächtige festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Die zuständige Behörde kann gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG u.a. den Zugang zu bestimmten Orten beschränken. Hierdurch wird eine Verbreitung von Krankheitserregern verhindert. Krankheitserreger im Sinne des Gesetzes sind gemäß § 2 Nr. 1 IfSG u.a. Viren. Bei dem SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des IfSG.

Die Stadt Kleve ist als zuständige örtliche Ordnungsbehörde nach §§ 28 IfSG i.V.m. § 3 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZVO-IfSG) angewiesen, diese Allgemeinverfügung mit den darin enthaltenen Anordnungen zu erlassen.

Meine örtliche Zuständigkeit als Ordnungsbehörde ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden - Ordnungsbehördengesetz (OBG).

Laut aktuellem Erlass des Landes NRW zur Eindämmung der Corona-Virus-Pandemie reduziert sich das Auswahlermessen der zuständigen Behörden zur Anordnung einer restriktiven Besuchseinschränkung in den genannten Einrichtungen.

Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet. Auch in Deutschland und insbesondere in Nordrhein-Westfalen gibt es inzwischen zahlreiche Infektionen.

Der Virus wird von Mensch zu Mensch übertragen. Hauptübertragungsweg ist die Tröpfcheninfektion. Dies kann direkt von Mensch zu Mensch über die Schleimhäute der Atemwege geschehen oder auch indirekt über Hände, die dann mit Mund- oder Nasenschleimhaut sowie der Augenbindehaut in Kontakt gebracht werden. Insofern erhöht sich das Risiko einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2 Virus bei Veranstaltungen mit einer hohen Besucherzahl potentiell und damit die Gefahr, dass sich die Infektionen in der Bevölkerung weiterverbreiten.

Nach der Einschätzung des Robert-Koch-Institutes (RKI) sind zur Bewältigung der aktuellen Weiterverbreitung des SARS-CoV-2 Virus „massive Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes erforderlich“. Es wird das Ziel verfolgt, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus so weit wie möglich zu verzögern. Damit sind gesamtgesellschaftliche Anstrengungen wie die Reduzierung von sozialen Kontakten mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich sowie eine Reduzierung der Reisetätigkeit verbunden.

Vor dem Hintergrund drastisch steigender Infektionszahlen in den vergangenen Tagen und der weiterhin dynamischen Entwicklung der SARS-CoV-2 Infektionen ist es erforderlich, weitere kontaktreduzierende Maßnahmen zur Beeinflussung, insbesondere Verzögerung, der Ausbreitungsdynamik zu ergreifen und Infektionsketten zu unterbrechen. Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfchen) z.B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es leicht zu Übertragungen von Mensch zu Mensch kommen.

Zu den erforderlichen kontaktreduzierenden Maßnahmen gehört bei Einrichtungen, in denen Personen leben, die durch Alter, Vorerkrankung oder Behinderung einem besonderen Risiko durch das Corona-Virus ausgesetzt sind, auch eine Beschränkung der Ausbreitung. Hierzu gehören insbesondere Pflegeeinrichtungen, Wohngemeinschaften für pflegebedürftige oder behinderte Menschen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe, in denen besonders schutzbedürftige Personen leben.

Das Risiko einer Erkrankung steigt ab 60 Jahren stetig an. Der Krankheitsverlauf ist bei älteren Menschen mit einem höheren Risiko verbunden, da insbesondere dieser Personenkreis bedingt durch das weniger gut reagierende Immunsystem, nach einer Infektion schwerer erkrankt. Auch verschiedene Grunderkrankungen, wie z.B. Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Erkrankungen des Atmungssystems sowie Krebserkrankungen scheinen das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf zu erhöhen.

Gerade bei älteren Menschen mit vorbestehenden Erkrankungen ist das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf höher als wenn nur ein Faktor vorliegt. Eine konkrete Gefährdung für die besonders schützenswerten Individualrechtsgüter Leben und Gesundheit liegt vor. Vor allem mit zunehmendem Alter und bestehenden Vorerkrankungen steigt die Wahrscheinlichkeit für schwere Krankheitsverläufe und ist als hoch einzuschätzen. Gerade in den letzten Tagen ist ein starker Anstieg an Erkrankungen in Deutschland und NRW festzustellen. Dies gilt ebenso für bestätigte Todesfälle.

Die Besuchseinschränkungen sind geeignet, eine Eindämmung der bereits stark gestiegenen Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu erreichen und die Bewohner zu schützen. Jeder nicht unbedingt notwendige soziale Kontakt beinhaltet ein derart hohes Gefährdungspotential, dass nur durch eine restriktive Einschränkung der Besuchszeiten eine Weiterverbreitung der Infektionen mit SARS-CoV-2 verhindert werden kann. Dem gegenüber sind keine milderen Maßnahmen ersichtlich, die gleich effektiv, aber weniger eingriffsintensiv sind. Ein Verbot von Besuchen wird explizit nicht angeordnet, da das Recht der Bewohner auf Kontakt, speziell mit Angehörigen, berücksichtigt wird. Die extrem hohen Risikofaktoren haben zur Folge, dass die Maßnahmen in Anbetracht der Sicherung der besonders schützenswerten Rechtsgüter Leben und Gesundheit der Bevölkerung, insbesondere der besonderen Risikogruppen, angemessen. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist eine Besuchseinschränkung auch verhältnismäßig.

Insofern ist der in den o.a. Einrichtungen bzw. Wohngemeinschaften lebende Personenkreis besonders vor einer Erkrankung an COVID-19 zu schützen und mögliche Infektionsgefahren (z.B. durch Kontakt mit Besuchern) sind weitestgehend zu minimieren. Es überwiegt das öffentliche Interesse gegenüber dem entgegenstehenden privaten Interesse. 

Aufgrund der aktuellen Risikobewertung kann nur mit dieser Einschränkung sozialer Kontaktmöglichkeiten die dringend erforderliche Verzögerung des Eintritts von weiteren Infektionen erreicht werden. Die Regelung orientiert sich an einer Reduzierung der sozialen Kontaktmöglichkeiten in Anlehnung an die Schutzbestimmungen an stillen Feiertagen. Ziel ist es, durch eine vorübergehende konsequente soziale Distanzierung die Ausbreitung des Virus im täglichen Leben zu verlangsamen. Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Gesundheitswesen nicht zu überlasten und die erforderlichen Kapazitäten für die Behandlung von Erkrankten sowie sonstigen Krankheitsfällen bereithalten zu können. Damit wird auch Zeit gewonnen, Therapeutika und Impfstoffe zu entwickeln.

Zu 5.:

Die aufschiebende Wirkung eines etwaigen Rechtsbehelfs entfällt aufgrund gesetzlicher Regelung. Hätte ein eventueller Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung, hätte dies die Folge, dass diese Allgemeinverfügung bis zu deren Bestandskraft nicht vollzogen werden könnte. Die Ordnungsverfügung ergeht hingegen im öffentlichen Interesse. Das Interesse der Allgemeinheit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (öffentliches Vollzugsinteresse) wiegt im vorliegenden Fall schwerer als Ihr Interesse (Interesse des Veranstalters) an der Durchführung der beabsichtigten Veranstaltung (privates Aussetzungsinteresse).

Die Allgemeinverfügung ist somit kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG. Die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.

Zu 6.:

Diese Allgemeinverfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land NRW (VwVfG NRW) einen Tag nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. Die Bekanntgabe erfolgt durch Veröffentlichung.

Zu 7.:

Des Weiteren weise ich darauf hin, dass gem. § 73 Abs. 1 Nr. 11a, 12 und 13 IfSG ordnungswidrig handelt, wer sich einer Schutzmaßnahme der örtlichen Ordnungsbehörde widersetzt. Die Ordnungswidrigkeit kann im Fall des § 73 Abs. 1 Nr. 11a IfSG mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.500 € geahndet werden, in den übrigen Fällen gar mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 €.

Ferner wird nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG, § 30 Abs. 1 IfSG oder § 31 IfSG, jeweils in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 32 S. 1 IfSG, zuwiderhandelt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf erhoben werden. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Für die Erhebung der Klage stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

1. Schriftlich oder zur Niederschrift:

Die Klage kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts erhoben werden. Die Anschrift lautet: Verwaltungsgericht Düsseldorf, Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf. Der Klage sollen dieser Bescheid im Original oder in Kopie und so viele Abschriften der Klage mit Ihren Anlagen beigefügt werden, dass alle Beteiligten eine Ausfertigung erhalten können.

2. Auf elektronischem Weg:

Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803).

Hinweise:

- Weitere Informationen zur Klageerhebung auf elektronischem Weg erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

- Zur Vermeidung unnötiger Kosten wird empfohlen, sich vor Erhebung einer Klage zunächst mit mir in Verbindung zu setzen. In vielen Fällen können so etwaige Unstimmigkeiten bereits im Vorfeld einer Klage sicher behoben werden. Die Klagefrist von einem Monat wird durch einen solchen außergerichtlichen Einigungsversuch jedoch nicht verlängert.

Gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), in der zurzeit, geltenden Fassung kann das Verwaltungsgericht Düsseldorf, Bastionstrasse 39, 40213 Düsseldorf, in den Fällen des § 80 Absatz 2 Ziffer 3 VwGO auf Ihren Antrag die aufschiebende Wirkung eines etwaigen Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen.

Hochachtungsvoll

Northing

  
 
 
 
 
 

Ansprechpartner

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Bodenberger, Tim
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Tel.:0 28 21 / 84 - 253
E-Mail: Tim.Bodenberger@Kleve.de
Lamers, Georg
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