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Sichtschutzstreifen – Eine Unfrieden stiftende Einfriedung

Datum der Meldung: 23.12.2020

Grafik KolumneImmer häufiger sind sie zu sehen, anthrazitfarbene Sichtschutzstreifen, die liebevoll in Stabgitterzäune geflochten werden. Was für den einen ein preisgünstiger, platzsparender, pflegeleichter, blickdichter und leicht zu montierender Sichtschutz, ist dem anderen ein Dorn im Auge.

Unbestritten bietet diese Form der Einfriedung, wie Zäune auch genannt werden, einige Vorteile für den Eigentümer, doch stiften sie zunehmend Unfrieden in der Nachbarschaft. Die Optik ist hierbei der wesentliche Kritikpunkt. Doch sind diese Zäune zudem auch alles andere als ökologisch und nachhaltig. Nach der Umwandlung von Vorgärten in Steinwüsten verschwindet jetzt ein weiteres Stück Natur in Form von Hecken aus unseren Gärten. Da helfen auch die mit Efeu, Schafweiden oder Blumenwiesen bedruckten Varianten dieser Sichtschutzstreifen wenig. Und über Geschmack lässt sich ja bekanntlich ja zudem trefflich streiten.

Unbestritten nimmt das Straßenbild erheblichen Schaden, wenn diese Art von Grundstückseinfriedungen zunehmend Verwendung findet. Insbesondere in den Vorgartenbereichen zeigen sie Ihr Störpotential in besonderer Weise, da für Jedermann sichtbar.

Aber auch aus ökologischen Gründen gibt es hinreichend Gründe, auf Sichtschutzstreifen zu verzichten An dieser Stelle möchte die Stadt Kleve an alle Grundstückseigentümer appellieren darüber nachzudenken, ob nicht auch eine nachhaltige und ökologische Variante möglich ist. Idealerweise pflanzt man eine Hecke, die Lebensraum, Brutmöglichkeit und Futterquelle für viele Arten bietet. Und wenn dies aus Platzgründen nicht möglich ist, so sind natürliche Baustoffe wie Holz, Bambus, Reisig oder Weidengeflecht immer noch die bessere Alternative. Zudem sollten Sie sich zunächst die Frage beantworten, ob wirklich das ganze Grundstück mit einem Sichtschutz versehen werden muss, oder ob einzelne Elemente oder Sträucher nicht ausreichend Schutz bieten.

Und auch das Thema „Angsträume“ spielt eine Rolle. Denn Transparenz zwischen öffentlichem und privatem Raum schafft soziale Kontrolle. Straßenräume, die an beiden Seiten von hohen Mauern und blickdichten Zäunen begrenzt werden, tragen wenig zum Sicherheitsempfinden bei, da eine soziale Kontrolle kaum noch möglich ist, da die Blickbeziehung zwischen privatem und öffentlichem Raum unterbunden ist.

Für die Stadt Kleve ist Klimaschutz ein wichtiges Ziel. Dies hat die Stadt Kleve mit der Verabschiedung des Klimaschutzfahrplans, der Einstellung eines Klimaschutzmanagers sowie dem Beschluss zum Klimanotstand ausdrücklich dokumentiert. Leisten auch Sie Ihren Beitrag. Die Frage, was man selbst zum Klimaschutz beitragen und dem Artensterben entgegenwirken kann lässt sich einfach im eigenen Garten beantworten.

Und wenn sie mehr zu dem Thema lesen möchten, dann schauen Sie einfach mal auf der Seite der Stadt Kleve vorbei.

Zaunkönige - Sehen und gesehen werden

Eine Unfrieden stiftende Einfriedung

Sehen und gesehen werden heißt es so schön, doch entspricht dies nicht immer den Wünschen von Hausbesitzern. Sehen ja, gesehen werden eher nein. Wobei es natürlich auch jene Menschen gibt, die nichts sehen und nichts hören möchten. Für diese Menschen hat die Industrie ein auf den ersten Blick geniales Produkt entwickelt. Lamellen aus Kunststoff, die sich in Form eines langen Bandes einfach in den bereits vorhandenen Stabgitterzaun einflechten lassen. Meist in neutralem anthrazit, neuerdings aber auch bedruckt mit unterschiedlichen Motiven. Auch bei der Neuerrichtung von sogenannten Einfriedungen kommt dieses Produkt immer öfter zum Einsatz und prägt mittlerweile ganze Straßenzüge auf eine Art und Weise, über die es sich lohnt nachzudenken und ein paar Fragen zu stellen, sorgen sie doch zunehmend für Unruhe bis hin zu Unmut unter Nachbarn.

Welche Rolle spielen Geschmack und Ästhetik bei der Entscheidungsfindung, wie ich mein Grundstück einfrieden möchte? Welche Rolle spielt für den Einzelnen das Straßenbild? Wie nachhaltig sind diese Zäune? Die entscheidenden Kriterien dürften wohl in erster Linie andere sein. Verhältnismäßig günstig, platzsparend, einfach im Einbau, blickdicht und ohne großen Unterhaltungsaufwand. Das Produkt erfüllt alle Kriterien, um attraktiv daherzukommen. Selten wird mich beim Verkäufer von sich aus darüber informieren, wie es sich mit der Ökobilanz des Produktes verhält. Mikroklima, Insektensterben, Artenschutz, Vernetzungsfunktionen von Lebensräumen, Mikroplastik in der Umwelt und die zunehmende Denaturierung deutscher Gärten insgesamt, spielen eher eine untergeordnete Rolle bei der Kaufentscheidung. Und über Geschmack lässt sich ja bekanntermaßen sowieso trefflich streiten, oder, um Immanuel Kant zu zitieren „über den Geschmack lässt sich nicht disputieren“. Doch steckt vielleicht noch mehr dahinter, als nur die bereits erwähnten Kriterien, die für die Kaufentscheidung eine Rolle spielen? Spielt vielleicht sogar das Unterbewusstsein eine Rolle, ob ich mich für eine blickdurchlässige Hecke oder aber für den Plastikzaun entscheide?

Ohne zu sehr psychologisieren zu wollen, aber kann es sein, dass Einfriedungen auch Ausdruck für einen Wandel in unserer Gesellschaft stehen? Zunehmender Individualismus und eine allgemeine und zunehmende Verunsicherung, dazu eine Reizüberflutung in nie gekanntem Ausmaß, dies alles lässt die Menschen vielleicht von einem Ort träumen, an dem die Welt noch sicher und geordnet ist, und auf der man vermeintlich selbstbestimmt leben kann. In meinem Haus und auf meinem Grundstück kann ich Ordnung schaffen, für Sicherheit sorgen und gleichzeitig mein Bedürfnis nach und neuerdings auch nach hygienisch beherrschbaren Zuständen gestalten und kontrollieren. Und im Garten will ich mich entspannen, weshalb mein Umfeld möglichst pflegeleicht und frei von ungewollten Reizüberflutungen, neudeutsch Entschleunigung, sein muss. Der Garten wird zur Wellnessoase voller Versprechungen für die vollständige Entspannung, sei es die Außenküche oder der Swimmingpool. Nicht umsonst werden auch immer mehr Vorgärten zu pflegeleichten Steinwüsten.

Zugegebenermaßen ist es um so manches Haus nicht schade, wenn es hinter einem Sichtschutz verschwindet, doch gehäuft im Straßenbild sichtbar entfalten diese Plastikzäune eine doch störende Wirkung. Statt Offenheit und einer einladenden Geste verspürt der Nutzer des Straßenraums ein unschönes Gefühl von Zurückweisung und Enge. Und wenn wir von Angsträumen sprechen, dann bieten derart massive Einfriedungen links und rechts des Weges mit Sicherheit kein Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit, da soziale Kontrolle hinter Mauer und Zäunen nur schwerlich stattfinden kann. Durch die Straßen wandern und hier und da mal einen Blick in ein Fenster werfen gibt einem das Gefühl von Nähe, Dazugehörigkeit und Gemeinschaft. Auch zeigt sich hier ein großer Widerspruch in Bezug auf den Anspruch vieler Menschen auf Transparenz. Alles muss transparent sein, nur man selbst möchte das für sich auf keinen Fall. Und während man sich virtuell, ob gewollt oder ungewollt, immer transparenter zeigt, zieht man sich in der anlogen Welt zunehmend zurück.

Natürlich ist es in einem gewissen Maße nachvollziehbar, dass man nicht immer und überall von Nachbarn und Passanten gesehen werden möchte. Aber es gibt für diese um das gesamte Grundstück gezogenen „Plastikzäune“ ökologische oder zumindest geschmackvolle Alternativen. Und damit sind nicht gemeint jene Plastiklamellen, die jetzt eingegrünt oder auf andere Art „natürlich“ designed daherkommen. Bedruckt mit Blüten oder Blättern, Natursteinen oder Bretterzaunimitationen suggerieren Sie Natur, wo doch keine ist. Da ist der Weg bis zum aufstellbaren Kunstbaum für den Garten, wie zu Weihnachten ja in zahlreichen Wohnzimmern schon praktiziert und in Form von Plastikblumen auf der Fensterbank zu bestaunen, wohl nicht mehr weit.

Wobei sich unwillkürlich die Frage stellt, ist ein Garten im klassischen Sinn überhaupt noch angesagt? Möchte man noch Natur oder zumindest Naturnähe direkt hinter dem Haus? Ist es nicht vielmehr mittlerweile schon so, dass in vielen Außenbereichen eine Außenküche mit Profigasgrill und angeschlossenem Esszimmer in Form einer überdachten und eingehausten Terrasse nicht mehr die Ausnahme sind? Dann noch der Sandkasten und das Trampolin für die Kinder, da ist kein Platz mehr für Natur, außer vielleicht für den mediterranen Kräutergarten im Blumentopf, um dem Grillwürstchen wenigstens den Hauch von Individualität und Natürlichkeit zu geben. Nicht umsonst wird ja auch immer öfter nicht mehr von einem Garten, sondern vom sogenannten Außenbereich oder der eigenen „Wellnessoase“ gesprochen, was es dann ja auch eher trifft.

Natürlich wachsende Hecken brauchen Platz, unbestritten. Platz, den es bei den heutigen Grundstücksgrößen oftmals auch tatsächlich nicht gibt. Freiwachsende Hecken sind nur bei großen Grundstücken eine Alternative. Bei großen Grundstücken stellt sich die Frage der Einsehbarkeit aber auch seltener. Aber mit Sicherheit stellen freiwachsende Hecken die ökologischste Variante eines Sichtschutzes dar. Vor allem Blühhecken sind Lebensraum und Nahrungsquelle für zahlreiche Insekten, Kleinsäuger und vor allem Vögel. Aber auch Vielschnitthecken sind entschieden ökologischer als Plastiklamellen mit Efeumotiv. Selbst Einfriedungen aus natürlichen Materialien wie Holz, Bambus, Reisig oder Weidengeflecht sind die sinnvollere Alternative als Plastik, dessen Beständigkeit sich auch noch beweisen muss. Zudem kann ich mir die Frage stellen, ob denn wirklich, sofern es um einen Sichtschutz geht, das gesamte Grundstück eingefriedet werden muss. Oder ob nicht einzeln gesetzte Sichtschutzelemente den gleichen Dienst tun. Durch geschicktes Setzen von einzelnen Büschen oder Sträucher lassen sich unerwünschte Einblicke verhindern und gewünschte Ausblicke ermöglichen.

„My home is my castle“, jenes Zitat des englischen Richters Edward Coke (1552-1643), war Ausdruck eines neuen Denkens und Rechtsempfindens zu Beginn es 17. Jahrhunderts, als das eigene Heim zunehmend als Ort der Geborgenheit und Sicherheit und als schützenswertes Gut verstanden wurde. Bis dato war das eigene Zuhause nämlich alles andere als privat und geschützt. Dieser damals neue Gedanke der Privatsphäre hat sich bis heute stetig weiterentwickelt bis hin zu einer Gesellschaft, in der die Interessen des Einzelnen mitunter scheinbar über die Interessen der Gemeinschaft gestellt werden. Da kann schon der Verdacht aufkommen, dass diese Form der Einfriedung auch Ausdruck einer sich zunehmend individualisierenden, separierenden und isolierenden Gesellschaft darstellt. Die Gründe dafür seien mal dahingestellt.

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